Von 1700 bis zum 2. Deutschen Reich

 

Der 7jährige Krieg und die Franzosenzeit
 

König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, ein Enkel des Großen Kurfürsten, setzte den Aufbau des Staates zielstrebig fort. Um seine Einnahmen zu vermehren, zog er das alte Mühlenrecht an sich. Es gab nur noch königliche Mühlen und 1720 wurde der Mühlenzwang eingeführt, d.h. es durfte nur in königlichen und besteuerten Mühlen gemahlen werden. Nur das Gut Holzhausen durfte für den eigenen Bedarf eine Wassermühle abgabenfrei weiter betreiben. Für die heutige Maschmeyersche Windmühle mußten die Pächter hohe Steuern zahlen.  

Die Bevölkerung fühlte sich dabei mehr und mehr als preußische Untertanen. Sie diente auch in preußischen Regimenten.

 

Im 7jährigen Krieg (1756 - 1763) plünderten zunächst die Soldaten des Fischerschen Freikorps, das auf der Seite der Franzosen stand, die Weserdörfer. Sodann kamen jedoch auch die Franzosen und belagerten Minden. 1758 wurden sie zwar zunächst zurückgeschlagen, doch bereits ein Jahr später konnten sie Minden besetzen. Friedrich II. von Preußen - genannt Friedrich der Große - schickte den Herzog von Braunschweig gegen die Besatzer. Dieser befehligte neben seinen braunschweigischen Truppen auch hessische, preußische und englische Truppenteile und konnte mit diesen Verbündeten zusammen am 1. August 1759 die Franzosen zurückdrängen. Auf ihrem Rückzug plünderten die Franzosen auch Holzhausen. Als der Krieg 1763 beendet war, waren die Dörfer wiederum ausgeblutet und verarmt. Besonders die Brinksitzer und Neubauern, die nur wenig Land besaßen, mußten sich als Tagelöhner oder Handwerker ihr Brot verdienen.

 

 Nur kurze Zeit verblieb den Bewohnern, um sich von den Schäden dieses Krieges zu erholen. Bereits 1806 marschierte das französische Heer unter Napoleon gegen Preußen. Nach der entscheidenden Niederlage Preußens in der Schlacht bei Jena und Auerstädt teilte Napoleon Westfalen in zwei Teile. Für seinen jüngsten Bruder Jerome errichtete Napoleon das Königreich Westfalen mit Sitz in Kassel. Die Grenze des Königreiches, zu dem Holzhausen nun gehörte, wurde durch die Weser gebildet.

 

Mit dem Dekret vom 13. 12. 1810 wurde an der Weser eine Zolllinie errichtet, um die Kontinentalsperre gegen die Engländer durchzusetzen. Holzhausen gehörte zum Kanton Rinteln. Es wurden französische Maße, Gewichte und Münzen eingeführt. Aus dieser Zeit stammen die Funde von französischen Münzen in den Winkeln des Holzhauser Kirchturms.  

 

Es wurden neue Abgaben erhoben, um den wachsenden Bedarf der Franzosen zu decken. So mußte immer mehr Getreide geliefert werden. Als dann für die Bauern noch einige Mißernten dazu kamen, war eine starke Teuerung die Folge. Wieder einmal herrschte Not unter der Bevölkerung.

 

Die hohen Abgaben waren auch der Grund dafür, daß trotz mancher Fortschritte ( zum Beispiel im Straßenbau, in der Rechtssprechung und durch die Aufhebung der Leibeigenschaft ) die Fremdherrschaft als sehr drückend empfunden wurde. Insbesondere die Aushebung junger Leute zum Kriegsdienst führte immer wieder zu Zusammenstößen.

 

Schon vor dem allgemeinen Aufstand im Jahre 1813 gab es in unserem Ort Männer, die auf eigene Faust versuchten, die französischen Fesseln zu durchbrechen. Zu diesen Männern gehörte auch der Besitzer des Gutes Holzhausen, Oberst von Oheimb. Die Schulchronik beschreibt diesen Befreiungsversuch:

"Er forderte das Landvolk auf zum Kampf zur Vernichtung des fremden Herrschers. Ja, er suchte sogar auf eigene Faust die französischen Fesseln zu durchbrechen, indem er mit großen Scharen der Landbevölkerung, beritten und unberitten, an das jenseitige Ufer zog und hier den Gegner im Lager überfiel. Es war mitten im Winter und das Eis bildete die treffliche Lücke für die angreifende Partei. Den Pferden hatte man die Hufeisen umwickelt, teils um sie in etwa vor dem Einbrechen in das Eis zu schützen, teils um sich dem Feind unbemerkt nähern zu können. (Leider ist über den weiteren Verlauf dieses Angriffs nichts bekannt.)"
 

Erst die Niederlage der 'Großen Armee' Napoleons in den Weiten Rußlands brachte die Wende. Im Frühjahr 1813 flüchteten Tausende Franzosen durch das Mindener Land: die Flüchtenden waren Verwundete und Halberfrorene - nur wenige Gesunde waren dabei.

 

Husaren des Freikorps Lützow, zu denen auch der spätere Holzhauser Pastor Dr. Schrader gehörte, verbreiteten im Oktober 1813 die Nachricht von der siegreichen Völkerschlacht bei Leipzig.

 

Die russischen 'Befreier' konnten sich jedoch nur wenig Sympathien unter der Bevölkerung erwerben. Noch lange nach ihrem 'freundlichen Besuche' galt in Holzhausen das Wort: 'Leiver 100 Franzosen in Hus as 10 Kosaken'. Obwohl sich die Kosaken als große Kinderfreunde erwiesen, war ihnen doch nicht immer zu trauen. Es kam vor, daß sie Pferde entführten und den Leuten auf der Straße Schuhe und Stiefel auszogen. Die Pferde und Kühe waren damals so gefährdet, daß viele Besitzer ihre Tiere in Gehölzen und Steinklüften versteckten. 'Hennings Kuhstall', eine Gruft in der Holzhauser Mark unweit des Heerweges, erinnert noch heute an jene Zeit.

 

 

Der deutsche Bund

Nach den Befreiungskriegen wurde mit Wirkung vom 1. November 1816 aus dem alten Fürstentum der Kreis Minden gebildet. Gleichzeitig damit nahm auch das Amt Hausberge die Verwaltungsarbeit auf.

Deutschland war von der Gründung eines gemeinsamen deutschen Reiches noch weit entfernt. 1815 kam nach langwierigen Verhandlungen zwischen den Einzelstaaten die Deutsche Bundesakte zustande, die alle tief enttäuschte, welche auf die Verwirklichung der deutschen Einheit gehofft hatten: 35 souveräne Fürsten und vier freie Reichs­städte schlossen als losen Staatenbund den Deutschen Bund. Er konnte nur beraten und beschließen, aber nicht handeln, denn eine Bundesexekutive fehlte. Einziges Organ des Bundes war der Bundestag zu Frankfurt als Gesandtenkongreß.

 

Mit den Reformen von Stein und Hardenberg wurde auch die von den Franzosen begonnene Bauernbefreiung zu Ende geführt. Dieser Prozeß sollte jedoch noch bis 1825 dauern. Er wurde mit der Aufhebung der Eigenbehörigkeit (Leibeigenschaft) abgeschlossen. Alle Abgaben und Dienste blieben jedoch weiterhin bestehen. Eine preußische Verordnung im Jahre 1829 sah eine Ablösung von der Verpflichtung zu Dienstleistungen vor, die jedoch erst ab1850 durch Zwischenfinanzierung verwirklicht werden konnte.

 

Am 5. Oktober 1843 befuhr erstmals ein Dampfschiff die Weser auf der Höhe Holzhausens. Die 'Hermann' war 50 Meter lang und bewältigte die Strecke von Hausberge bis Vlotho in eineinhalb Stunden.

 

Die materielle Lage der Bevölkerung war in dieser Zeit vorerst wieder einmal bedrückend. Gerade die 'kleinen Leute' waren durch die Markenteilung von 1821 (näheres dazu im Kapitel über Holzhausens Bebauung und Besiedlung bis zum 1. Weltkrieg) sehr benachteiligt worden. Auch der Verdienst durch Spinnen und Weben ging durch das Aufkommen von Maschinen immer mehr zurück. So verdienten die Arbeiter pro Woche nur 1 Taler. Zum Vergleich seien hier einmal ein paar Preise von Grundnahrungsmitteln genannt (die folgenden Zahlen stammen zwar aus dem Jahre 1863, doch war die Teuerung in diesen Jahren nicht so erheblich, daß wir nicht von einer eingeschränkten Vergleichbarkeit ausgehen könnten) : 1 Scheffel(das entspricht 64 Pfund) Weizen kosteten 3 Taler und 5 Silbergroschen, 1 Scheffel Roggen 2 Taler und 7 Silbergroschen und 1 Scheffel Kartoffeln 28 Silbergroschen.

 

Als schließlich 1846 noch eine über weite Regionen verbreitete Mißernte Teuerung und Hungersnot mit sich brachte, kam es zu öffentlichen Unruhen. 1848 nahm selbst die kirchliche Bewegung zum Teil revolutionären Charakter an. Gendarme standen vor der Kirchentüre, um zu erfahren, ob der Prediger auch politische Ansichten von der Kanzel verbreitete. Als einmal aufständische Bewohner Holzhausens den Preußischen Adler als 'Kuckuck' verspotteten und Revolutionslieder anstimmten, wurde die gesamte Bevölkerung dadurch gestraft, daß sie eine Kompanie Soldaten 6 Wochen lang unentgeltlich verpflegen mußte.

 

In diesen Jahren begann auch die Auswanderung nach Übersee, auf die noch in einem gesonderten Kapitel eingegangen wird.

 

Der 1848 zu Frankfurt einberufene Bundestag führte nicht zu der erhofften Einigung des zersplitterten deutschen Reiches. Der preußische König Wilhelm I. lehnte auf Anraten Bismarcks die ihm angetragene Kaiserkrone ab. Die Bestrebungen aufgeklärter Männer, das Volk durch eine neue Verfassung an der Regierung zu beteiligen, waren fehlgeschlagen. Zwar wurde bereits seit 1843 ein Gemeinderat gewählt, aber das politische Interesse wurde in der Bevölkerung immer geringer.

 

Für Holzhausen wurde am 14. Juli 1843 der erste Gemeinderat gewählt, der sich wie folgt zusammensetzte: Gemeindevorsteher 'Tebbe Nr.3, Stellvertreter Kelle Nr. 9, Gemeinde - Verordnete: Kruse Nr.51,Köster Nr.18, Schellknecht Nr.48, Pieper Nr.109, Henke Nr.45 und Büsching Nr.84. Als Deputierter für die Amtsversammlung wurde mit absoluter Mehrheit Schellknecht Nr.48 gewählt.

 

Im folgenden waren bis zum 1. Weltkrieg nachstehende Gemeinde­vorsteher in Holzhausen tätig:  

 

1843 - 1847 Tebbe, Nr. 3
1847 - 1850 Bülte, Nr. 52
1850 - 1854 Köster, Nr. 18
1854 - 1879 Remmert / Johanning Nr. 47
1879 - 1891 Kühme, Nr. 15
1905 - 1911 Korff, Nr. 7
1911 - 1918 Lücking, Nr. 53

 

Ab 1850 galt das preußische Dreiklassenwahlrecht. Das Gewicht der Stimme eines jeden Bürgers war dabei von seinem Steueraufkommen abhängig. In den Gemeinderat konnten nur Haus- und Grundeigentümer, die jährlich mindestens zwei Taler Prinzipal - Grundsteuer zahlten, gewählt werden.

 

Die öffentliche Ordnung war Aufgabe der Gemeinde. Zu diesem Zwecke gab es in Holzhausen neben der Polizei einen Nachtwächter und Feldhüter sowie einen Flurschützer. Im Protokollbuch des Gemeinde­rates ist für den 25.8.1855 vermerkt:

 

"der bisherige Feldhüter Müller war in der Weser ertrunkenen aufgefunden. Als Nachfofger dafür der Nachtwächter Friedrich Henke Nr .71, welcher ein ordentlichenMann ist und im Schreiben ziemlich erfahren ist. Derselbe soll ein Gehalt von jährlich 13 Taleraus der Gemeindekasse erhalten."
 

Dieser Betrag ist nicht hoch, wenn man bedenkt, daß der Polizeidiener um 1863 jährlich 135 Taler bekam. Doch auch diese 13 Taler wurden schließlich eingespart: Am 23.10.1886 wurde beschlossen, dem damaligen Nachtwächter und Feldhüter Johanning zu kündigen. Seitdem gibt es keinen Nachtwächter mehr in Holzhausen.

 


Das deutsche Reich

 

Die Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 führten schließlich zur Bildung des deutschen Kaiserreiches (zweites deutsches Reich unter Kaiser Wilhelm I.). Siegesfeiern, Dankgottesdienst und das alljährliche Sedans­fest brachten ein neues Nationalbewußtsein; das Militär war hoch angesehen. Doch der äußere Glanz konnte die sozialen Schwierigkeiten und Spannungen nicht verdecken.

 

Durch Bismarcks Schutzzollpolitik seit 1888 und verbesserte Erträge in der Landwirtschaft (zum Beispiel durch den Einsatz von Kunstdünger) wurde der Lebensstandard langsam höher. Mit der Industrialisierung - in Porta hauptsächlich durch den Bau der Glasfabriken - verbesserte sich auch die soziale Lage der kleinen Leute zu mindestens ein bißchen. Die Zahl der Arbeiter nahm ständig zu. Der lange Arbeitstag - die 48-Stunden-Woche wurde erst 1918 eingeführt - und die harte ungesunde Arbeit an den Öfen sicherte zwar den Lebensunterhalt der Familie, jedoch konnte niemand damit Reichtümer erwerben. So verdiente zum Beispiel ein Glasmacher um 1900 im Akkord 15 - 25 Reichsmark pro Woche.

 

Die Bismarckschen Sozialgesetze (Krankenversicherungsgesetz von 1883, Unfallversicherungsgesetz von 1884, Alters- und Invaliditätsgesetz von1889) waren sicherlich ein großer Fortschritt, jedoch brachten sie noch keinen ausreichenden Schutz bei langen Krankheiten, Unfall oder Arbeitslosigkeit. So war immer noch Selbsthilfe ein wichtiges Element im Leben der Arbeiter.

 

Der Selbsthilfegedanke stand auch bei der Gründung des ersten Konsum - Geschäftes bei der Glashütte Pate. Wer jedoch im 'roten' Konsum kaufte, mußte zu jener Zeit noch mit Bestrafung oder gar Entlassung rechnen. Doch allzu leicht ließen sich die Glashüttenarbeiter nicht einschüchtern. Sie waren auch mit die ersten, die sich gewerkschaftlich organisierten und sich offen zur Sozialdemokratischen Partei bekannten, während die übrige ländliche Bevölkerung mit großer Mehrheit konservativ und kaisertreu eingestellt war.

 

1892 eröffnete die erste Poststelle Holzhausens in der alten Schule am Gänsemarkt. Posthalterin war die Witwe des Kantors Westphal. In einem zweirädrigen gelben Karren beförderte der Postbote täglich die Briefe und Pakete zur Hauptpost nach Hausberge.

 

1905 kam es zur Gründung der Spar- und Darlehnskasse Holzhausen. Der Mitbegründer Karl Seemann, der in Holzhausen als Schulleiter, Kantor und Chronist tätig war, schreibt darüber:

 

"Die Kasse wurde im Jahre 1905 mit 24 Mitgliedern gegründet. Der Zweck des Unternehmens war derselbe wie heute. Wie aus §2 des Statuts hervorgeht, soll eine Spar- und Darlehnskasse zur Pflege des Geld- und Kreditverkehrs sowie zur Förderung des Sparsinnes betrieben werden.“

 

Der Genossenschaftsgedanke war in Zeiten wirtschaftlicher Not entstanden. Man wollte mit dem gemeinschaft­lichen Geschäftsbetrieb auch den Stand der wirtschaftlich Schwachen heben.

Der Geschäftsbetrieb der Spadaka vollzog sich zuerst in Seemanns Wohnung, später dann in seinem neu erbauten Wohnhaus. Seit 1953 verfügt die Spadaka über ein eigenes Sparkassengebäude.

 

Seemann setzte sich auch für das Schulsparen ein. Im Dezember 1909 wurden die ersten Sparbücher an die Kinder ausgegeben und wider allen Erwartungen von den Schülern fleißig genutzt. Jeder Lehrer übernahm freiwillig und gern die Handhabung in seiner Klasse, der älteste Lehrer wurde zum Sparkassenleiter gewählt.

 

Die Jahre 1881 und 1907 brachten große Überschwemmungen, bei denen die Ländereien in der Masch sehr gelitten hatten. Es hat jeweils Jahre gedauert, die Äcker wieder in einen guten Zustand zu bringen. 1911 war ein Glutjahr. Von Mai bis Oktober fiel kein Tropfen Regen. Das Gras auf den Wiesen verdorrte und die Bäume warfen vorzeitig Früchte und Blätter ab.

 

Noch vor dem 1. Weltkrieg begann die Versorgung Holzhausens mit elektrischem Strom. In der Gemeinderatssitzung vom 12.4.1913 wurde beschlossen:

 

"Dem Elektrizitätswerk Minden - Ravensberg in Herford die Legung der projektierten Kabellinien nach dem vorliegenden Plane, soweit Gemeidestraßen in Frage kommen, zu genehmigen, mit der Voraussetzung, daß das EMR  für nicht vorgesehene Schäden aufkömmt."

 

Bedingt durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges verzögerte sich der Ausbau, doch nach und nach erfolgte dann der Anschluß aller Häuser.